Die Nachfrage nach E-Autos ist ungebrochen, die Wende zur Elektromobilität nicht mehr zu bremsen. Folge: Der Bedarf an Batterien explodiert, Unternehmen investieren Milliarden. Wir klären über Chancen und Risiken des Batterie-Booms auf.
Die Folgen der „militärischen Spezialoperationen“ in der Ukraine haben das Schlagwort Abhängigkeit nicht nur hierzulande zu einem heiß diskutierten Thema gemacht. Es steht jedoch außer Frage, dass gerade die deutsche Wirtschaft massiv unter den derzeitigen Lieferengpässen leidet. Neben der Versorgungsunsicherheit mit Gas drückt auch die Inflation auf die Stimmung bei vielen Unternehmen, insbesondere aus der Chemie. Der Aktienkurs des Chemie-Giganten BASF spiegelt die Sorge vor einem Energieengpass, im schlimmsten Fall sogar Blackout, bestens wider: Vom Jahreshoch im Februar 2022 (62 Euro) halbierte sich die BASF Aktie zeitweise auf 39 Euro (- 43 Prozent).
Ein ähnlich pessimistisches Bild zeichnet sich im Mittelstand ab. Erst im September berichtete der Präsident des Zentralverbands des deutschen Handwerks Hans Peter Wollseifer über die Möglichkeit einer „riesigen Insolvenzwelle“, vor die sich der deutsche Mittelstand fürchte. Bisweilen halten sich die Hiobsbotschaften in Grenzen, doch eine Ebene tiefer schrillen bereits die Alarmglocken. Berichte über Bäcker, die ihre Heiz- und Produktionskosten nicht mehr stemmen können, reißen nicht ab. Besonders energiehungrige Unternehmen wie der Papierproduzent Hakle mussten bereits Insolvenz anmelden.
Die deutsche Automobilindustrie steht – noch – recht solide da. Die Lieferkettenprobleme haben nachgelassen und der Luxus-Karossen-Riese Porsche konnte zuletzt sogar ein kräftiges Umsatzplus verkünden. Entscheidend für die Zukunft der heimischen Autobauer dürfte die Entwicklung der Elektrobatteriesysteme sein. Bei den mobilen Kraftspeichern scheint sich allerdings ein ähnliches Bild wie bei der Versorgung mit Gas und Zuliefererprodukten abzuzeichnen. Denn der Großteil der hierzulande verbauten E-Auto-Batterien stammt aus Fernost. Die verschärfte Rhetorik der chinesischen Regierung bereitet ebenso wie deren Russland-Nähe vielen Beobachtern Sorgen.
Der chinesische Markt hat für die deutsche Wirtschaft im Allgemeinen und für die deutsche Automobilindustrie im Besonderen eine Schlüsselbedeutung. So entfallen im Schnitt rund 30 Prozent der Umsätze im Automobilsektor auf Verkäufe im Reich der Mitte. Im Falle der Volkswagen AG (ISIN: DE0007664039) gehen Analysten von einem China-Anteil um die 44,5 Milliarden Euro für 2022 aus. Die entspräche mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes!
Doch nicht nur als Abnehmer ist die Volksrepublik China bedeutsam für Volkswagen & Co. Die Werkbank der Welt hat zum Beispiel einen der größten internationalen Akkuproduzenten, CATL, hervorgebracht. Die Produkte der Contemporary Amparex Technology Co. Limited lassen sich in unzähligen Elektro-Mittelklassewagen finden und auch in höherpreisigen Modellen schlummern zunehmend Produkte des Batteriegiganten aus Fernost. Jüngst machte CATL mit der Ankündigung, ein neues Werk in Debrecen (Ungarn) erschließen zu wollen, branchenweit Schlagzeilen. Bei der Anlage es sich um eine Batteriefabrik mit einer Produktionskapazität von 100 Gigawattstunden (GWh) handeln. Zum Vergleich: Die 12.000 Mitarbeiter starke Gigafactory in Grünheide fertigt E-Auto-Batterien mit einer Gesamtkapazität von knapp 50 GWh. Doch nicht nur die Kapazitäten der Chinesen lassen aufhorchen: Zu den bereits bestätigten Kunden gehört unter anderem die Mercedes Benz Group (ISIN: DE0007100000). Die Stuttgarter hatten sich schon vor Spatenstich einen Zulieferervertrag gesichert! Über die Anzahl der Kraftspeicher und die gezahlten Summen schweigen beide Seiten.
Unbekannter Riese: Der chinesische Konzern CATL (Contemporary Amparex Technology Co. Limited) darf sich als Weltmarktführer bei Elektroautobatterien bezeichnen. Zu den Abnehmern gehört auch die deutsche Automobilindustrie.
Zugegeben: Mercedes Benz hat bereits erste Schlachtpläne für die eigene E-Auto-Batterie-Offensive vorgelegt, doch bis zum Start der Akkuproduktion sollen noch einige Jahre vergehen. Deutlich größere Bemühungen sind im Hause Volkswagen zu erkennen. Schon in zwei Jahren will man in „Salzgiga“ die ersten E-Auto-Batterien fertigen. Insgesamt sollen dann auf dem knapp 300.000 Quadratmeter großen Gelände nahe Salzgitter (Niedersachsen) Batteriezellen mit einer Gesamtkapazität von 40 GWh zusammengetüftelt werden. Jährlich! Mindestens fünf weitere Standorte sollen in absehbarer Zeit folgen, unter anderem in Valencia (Spanien) und Skelleftea (Schweden). Im hohen Norden arbeitet man bereits mit der schwedischen Northvolt zusammen. Geleitet wird das Joint-Venture durch zwei ehemalige Tesla-Manager.
Die Zahlenreihen und Prognosen gehen endlos weiter. So gibt Volkswagen etwa an, in den nächsten Jahren satte 20 Milliarden Euro in die Batterieproduktion investieren zu wollen. Die Gesamtkapazität soll mittelfristig bei 240 GWh liegen, was wiederum genügend Ressourcen für 5 Millionen Automodelle bieten dürfte. Schnell wird ersichtlich, dass sich die Volkswagen AG auf das Thema E-Mobility eingeschossen hat. Der Ex-Vorstand Piech dürfte bei dieser Entwicklung federführend gewesen sein. Die Frage, die sich nicht nur Aktionäre und Kunden der Wolfsburger stellen: Sind die Milliardensummen richtig investiert? Oder droht dem Elektro-Auto-Boom bald der Saft auszugehen? Denn ob die aktuellen Projekte tatsächlich die erhofften Früchte tragen werden, ist alles andere als ausgemachte Sache.
Erstaunlich: Das Teuerste an einem E-Auto ist nicht das Getriebe oder die Software, sondern die Batterie. Die von Volkswagen verbauten Kraftspeicher im eGolf und eUp beispielsweise schlagen mit Summen von bis zu 20.000 Euro zu Buche!
Übergeordnet sollte der Bedarf an Akkumulatoren, kurz Akkus, in den nächsten Jahren zunehmen. Grund hierfür ist die Energiewende, die auf dem Ausbau der Erneuerbaren Energien fußt. Um Solar-, Wind- und Wasserkraft jedoch zu speichern, bedarf es gigantische Akkumulatoren. Hier rechnen Experten mit einem jährlichen Wachstum von bis zu 70 Prozent. Insbesondere der Bedarf an Langzeitspeichersystemen soll mächtig zulegen.
Problem: In die Berechnungen zu den benötigten E-Auto-Batterien werden häufig die Großformatspeicher, wie man sie für die Energiewende benötigt, einbezogen. Ein fataler Fehler! Außerdem: Aus der Vergangenheit sollte nie auf die Zukunft geschlossen werden. Die Anzahl aktiv genutzter Elektroautos ist allein von 2020 auf 2021 um knapp 70 Prozent gestiegen – derweil rollen über 18 Millionen Stromer über die Straßen dieser Welt. Doch ob und in welcher Intensität sich dieser Trend fortsetzen wird, bleibt abzuwarten.
Unsicherheitsfaktor Nummer zwei: Viele Berechnungen zur Nachfrage nach E-Auto-Batterien beruhen auf den Prognosen der Automobilhersteller. Die Hersteller prognostizieren einen E-Auto-Anteil von 50 Prozent bis zum Jahr 2030. Und diese Prognose wiederum basiert auf Plänen der Europäischen Union: In Brüssel will man nicht nur den Ausbau der Elektromobilität vorantreiben, beispielsweise durch Subventionen, sondern auch den Verkauf von Verbrennern erschweren. In erster Linie dürfte dies durch Steuererhöhungen geschehen. Aber auch ein Verbot konventioneller Antriebe steht auf der Agenda. 2025 sollen ausschließlich E-Autos in den Handel gelangen.
Diese Pläne stehen jedoch auf der Kippe: Die Spaltung der Europäischen Union schreitet ungeachtet der geeinten Verurteilung des russischen Angriffskriegs voran, zuletzt etwa durch den Rechtsruck in Frankreich und in Italien. Ein verbindliches Verkaufsverbot für E-Autos in der gesamten Europäischen Union durchzusetzen, dürfte demnach kompliziert werden.
Rückenwind für Auto-Bauer und Batterietüftler könnte es aus dem Europa-Parlament in Brüssel geben. Hier will man für den Zeitraum nach 2025 ein übergreifendes Verkaufsverbot für althergebrachte Kfz mit Verbrennermotor durchsetzen.
Die Zukunft der Elektromobilität hängt von vielen Faktoren ab. Interessieren Sie sich für den Kauf eines Stromers, sollten Sie unbedingt die Vielfalt der Förderprogramme beachten und bestmöglich nutzen. Überdies können Sie sich via Treibhausgasmilderungs-Quotenhandel, kurz THG-Handel, einige Euros zurückholen. Wie dies gelingt, haben unsere Kollegen vom Unternehmensblatt in diesem Beitrag erläutert. Last but not least sollten Sie sich einen Überblick über die Ladesäuleninfrastruktur verschaffen – inklusive den dort geltenden Tarifen. Häufig lohnt sich auch ein Leasing-Vertrag, in dem ein Teil der Kosten enthalten ist. In diesem Fall müssen Sie allerdings auf die Einnahmen durch den THG-Handel verzichten.
Wer jetzt noch umsteigen will, sollte sich beeilen. Die Fördermittel für Elektroautos drohen bald auszulaufen. Vor allem: Verschaffen Sie sich einen Überblick über die regionale Ladesäuleninfrastruktur. Unter Umständen lohnt sich die Installation einer Heimstation. Mieter können hier zunehmend auf Unterstützung durch den Vermieter setzen.
Sie möchten „indirekt“ vom E-Auto-Boom beziehungsweise von der Nachfrage nach E-Auto-Batterien profitieren? Der Kauf von Aktien führender Autobauer scheint die naheliegendste Lösung. Doch der Zukunftstrend E-Mobility ist bei der Bewertung vieler Automobil-Aktien bereits eingepreist. Die Anteilsscheine der Tesla Inc. (ISIN: US88160R1014) beispielsweise weisen ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) um die 60 aus und sind somit sehr sportlich bewertet. Zum Vergleich: Die Aktie der Stellantis N.V. (Alfa Romeo, Chrysler, Dodge, Fiat, Peugeot, Citron, Opel etc.) kurvt aktuell mit einem KGV von unter 3 übers Börsenparkett.
Wir haben zwei interessante Alternativen zu den „No Brainern“ der E-Auto-Bewegung ausfindig gemacht. Selbstverständlich handelt sich hierbei um keine Anlageberatung! Eigenrecherche ist und bleibt Pflicht.
Vom insolvenzbedrohten Produzenten von Bogenoffset-Druckmaschinen zum profitablen Ladesäulenhersteller! So ließe sich der Werdegang der Heidelberger Druckmaschinen AG (ISIN: DE0007314007) auf den Punkt bringen. Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück: 1845 nahm der Vorläufer der späteren Druckmaschinengruppe die Arbeit auf und fertigte im beschaulichen Frankenthal unter anderem Feuerspritzen und Glockensysteme. Das vielleicht berühmteste Produkt ist die Glocke des Kölner Doms. Die nämlich goss man zwischen 1973 und 1975 in der traditionsreichen Gießerei, ehe der Umzug in das ebenso beschauliche Heidelberg anstand. Zusammen mit der Heidelberg Materials (ehemals Heidelberg Cement) und der Heidelberg Pharma bildet man seitdem das Baden-Württemberg`sche Börsentrio.
Der Startschuss für den Bau von Ladesäulen fiel 2010. Quasi. Denn die Phase zwischen 2008 und 2010 ist als die „Unternehmensbedrohliche Krise“ in die Firmen-Annalen eingegangen. Der dato kräftig expandierte Konzern sah sich nicht nur mit einem konjunkturellen Abschwung konfrontiert, sondern litt auch unter enormen Preisdruck, unter anderem ausgelöst durch Importe aus Fernost. Letzten Endes mussten über 60 Prozent der knapp 20.000 Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und auch Staatskredite flossen zur Rettung des Traditionskonzerns! Der Transformationsweg inklusive der Entscheidung zum Einstieg in das Ladesäulen-Geschäft dauerte ein knappes Jahrzehnt. Die Aktie der Heidelberger verkam zeitweise zum Pennystock! Derweil notiert die Heidelberger Druckmaschinen Aktie bei rund 1,4 Euro – nach angelsächsischer Definition weiterhin ein Pennystock.
Dennoch: Mittlerweile schreibt man schwarze Zahlen! Der Schuldenberg konnte zudem deutlich reduziert werden, zuletzt auf eine Verschuldungsquote von 0,07. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistete die Sparte E-Solution. Über die Tochterfirma AMPERFIELD forscht man bereits seit 2012 an Stromnetzkomponenten und hat 2018 die erste eigene Ladesäulenlösung alias Heidelberg Wallbox in den Vertrieb gebracht. Aktuell gehört die Heidelberg Wallbox zu den zehn meist verkauften Ladesäulen in Europa. Auch der Vertrieb von preisgünstigen Zubehör- sowie Ersatzteilen generierte zuletzt steigende Umsätze. Insbesondere im Privatkundenbereich genießt AMPERFIELD angesichts ihres fairen Preis-Leistungs-Verhältnis einen guten Ruf. Für die Wallbox HOME ECO beispielsweise verlangen die Tüftler 499 Euro. Dank der Kooperation mit dem Online-Handel-Giganten Amazon gelingt der Kauf weit einfacher als bei der Konkurrenz.
Die Grundvoraussetzung, um ein E-Auto laden zu können, ist selbstverständlich eine intakte Batterie. Und die Voraussetzung für eine solche Batterie sind wiederum allerlei Rohstoffe mit hohem Reinheitsgrad, also ohne „Nebenförderprodukte“. Das derweil kostbarste Metall, das für wiederaufladbare Batterien benötigt wird, ist Lithium. Der aktuelle Preis liegt bei knapp 80.000 Euro pro Tonne. Schätzungen zufolge soll sich der Preis für Lithium in den nächsten Jahren nochmals verdoppeln. Kein Wunder, dass der „Vater“ des Elektroautos, Elon Musk höchstpersönlich, den Förderern des weißen Goldes eine „Lizenz zum Gelddrucken“ attestiert hat.
Ein deutlich günstigerer, jedoch ebenfalls unabdingbarer Rohstoff in der Batterieproduktion ist Kupfer. Laut einer Studie des Finanzdienstleisters S&P Global benötigt ein Elektro-Auto rund 2,5 bis 3 mal so viel Kupfer wie ein Verbrenner. Im Gegensatz zu Lithium ist Kupfer jedoch deutlich im Preis gefallen: Seit März steht ein Rabatt von knapp 30 Prozent auf der Bewertung. Denn Kupfer wird in erster Linie als Infrastrukturprodukt gehandelt. Rohrleitungen und Kabelsystemen, typische Elemente für den Häuserbau, droht jedoch ein deutlicher Rückgang, da steigende Zinsen derweil den Immobiliensektor einfrieren. Insbesondere der einstige Kostentreiber China verzeichnet einen Nachfrageschock.
Einer der größten Kupferproduzenten weltweit und sogar der größte Kupferproduzent Europas ist die Aurubis AG (ISIN: DE0006766504), nicht zu verwechseln mit der Aurelis Holding! Die Deutschen haben ihren Sitz in Hamburg, verteilen sich mittlerweile allerdings auf über 34 Standorte. Im Schnitt bringen die weltweit operierenden Förderstätten rund 1 Million Tonnen Kupfer ein – den Hauptumsatz erzielt man nach wie vor in der Heimat. Derweil lasten Rezessionsängste auf dem Kurs der Aktie, doch für langfristig orientierte Anleger könnte sich ein Einstieg auf dem aktuellen Niveau durchaus lohnen. Das KGV liegt bei fairen 6. Der amerikanische Konkurrent Freeport MCMoran ist in dieser Hinsicht nahezu doppelt so hoch bewertet. Interessierte Anleger sollten dennoch die starken zyklischen Kursbewegungen bedenken und einen Einstieg in Tranchen präferieren. Die relativ hohe Geschäftstätigkeit in China beispielsweise birgt Handelskonfliktpotenzial inklusive Kursrisiken. Zudem könnte der Großaktionär Salzgitter (30 Prozent Beteiligung) mit Teilverkäufen für eine weitere Kursschwäche sorgen. Der Stahlriese leidet unter den immensen Strom- und Gaspreisen und könnte eine Finanzspritze gut gebrauchen.
Eine vergessene Perle auf dem deutschen Aktienmarkt? Die Aurubis AG weist derweil eine sehr günstige Bewertung auf. Langfristig agierende Anleger können auf dem aktuellen Kurslevel nahe der Marke von 60 Euro zugreifen.
Autor: Jan Lauer
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